Mia Mondstein
Poesie von Mensch zu Mensch



Das Haus ohne Licht

In einer großen Stadt nicht weit von hier, so wie es in unserem Lande viele gibt, steht ein gelbes Haus. Dieses wirkt, schon aus der Ferne gesehen, seltsam magisch strahlend. Ja, es scheint fast einer anderen Zeit entsprungen. Doch je näher man diesem Haus kommt, desto mehr fröstelt es einen. Denn in seinen Räumen lebt nicht das Licht sondern die Dunkelheit. Man findet dort nichts, was einen erfreuen könnte. Nur Traurigkeit.

Und in dieser ganz in sich verschlossenen Welt lebt ein alter Mann. Kein Trost, von wem auch immer, vermag ihm neue Kraft einzuhauchen. Für all die Schönheit, die unsere Welt zu bieten hat, ist er blind geworden. Verloren ist er, denn er hat sich selbst verloren.
Nur ab und zu reißt ihn ein Kinderlachen, welches leise zu ihm durchdringt, aus seiner Ohnmacht. Doch er hat nicht die Kraft, diesem zu folgen. Die Vergangenheit hält ihn fest umklammert. Hoffnung und Frieden wollen nicht mehr gelingen, und um sein Herz winden sich Schatten wie Schlangen, die ihm seine Energie aussaugen. Jeder Schritt, ja selbst seine eigene Zukunft erscheint ihm sinnlos.

Dunkel ist es. Nicht nur in seinem selbst gewählten Kerker. Dunkel sind auch seine innersten Gedanken und niemand auf der anderen Seite des Lebens kann ihn mehr erreichen. Um ihn erhebt sich eine Festung, eine Mauer voller Tränen, Schmerz und Verzweiflung.
Und da draußen auf der Straße vor dem Haus geht das Leben einfach so weiter. Auf den Sommer folgt der Herbst und dann der Winter. Und nun ist es wieder Frühling. Nur für den einsamen Mann im gelben Haus steht die Zeit endlos quälend still.

Und in dieser Stille hört man ihn leise und traurig flüstern:

Frühling ist 's um mich herum
nur mein Herz das bleibt ganz stumm
Frühling ist 's - was tu ich hier
Frühling ist dort im Revier
doch er macht mir kein Pläsier

Damals hab ich sie umfangen
viele Jahre sind vergangen
doch sie ging - ich bin allein
Was soll für mich nun Frühling sein?

Ist 's Sommer auch wohl um mich her
in meinem Herzen winterschwer
obwohl ein frisches Lüftchen weht
in meinem Herzen alles steht
erstarrt und kalt
und leer


Dort sitzt er, der Mann, allein mit sich. Er verliert Stück für Stück seinen Verstand und seine Erinnerung an sein Leben, wie es einmal war. Und so sitzt dort er im Dunkel seiner Nacht, gefangen in sich selbst. Und man hört ihn weinen im Haus der Einsamkeit.

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